Das letzte Jahr hat wieder einige technische Neuerungen mit sich gebracht: Die Blockchain-Technologie ist endlich in der Allgemeinheit angekommen, Amazon hat mit Alexa den Sprachassistent in unserem Alltag etabliert und »Cloud« gilt in deutschen Unternehmen nicht mehr als Unwort. Doch was können wir im kommenden Jahr erwarten? Und welche Techniktrends werden uns darüber hinaus beschäftigen? In diesem Artikel versuche ich mich als Hellseher und wage einen Blick in die Zukunft.
Web-Technologien
nginx
Der nginx als Web-Server hat im letzten Jahr noch einmal deutlich zugelegt und rückt dem Apache-Web-Server weiter auf die Pelle. Dieser Trend wird sich zweifelsohne fortsetzen. 2018 wird wohl nicht ausreichen, um den Altmeister zu überholen, aber auf Dauer wird niginx definitiv an ihm vorbeiziehen. Technologisch bietet nginx einfach die bessere Basis. Er ist schneller und einfacher zu konfigurieren. Der Support von Modulen wird sicherlich noch weiter verbessert. Spätestens dann ist der Apache-Web-Server nur noch eine Randerscheinung.
Container-Virtualisierung
Die Virtualisierung von Servern ist ja schon länger ein unaufhaltsamer Trend. Die Container-Virtualisierung führt diesen Trend auf eine neue Ebene. Es werden nicht mehr ganze Serversysteme simuliert, sondern nur noch die Laufzeitumgebung für bestimmte Anwendungen. Das bringt erhebliche Vorteile bei Ressourcenverteilung, Skalierung, Deployment und Wartung von Anwendungen. Ein Traum für jeden DevOp und auch ein logischer Schritt. Ich sage daher voraus, dass in weniger als zehn Jahren ein Großteil aller Webdienste über Container virtualisiert ist.
JavaScript
Positiv anzumerken ist auch der Trend hin zum plattformübergreifenden JavaScript. Die Skriptsprache hat sich mittlerweile in Browsern, auf Smartphones, Servern, Desktop-Computer und sogar auf Smart-TVs etabliert. Schon heute könnte JavaScript viele Anwendungen, die in Python, Ruby, PHP oder sogar Java geschrieben sind, vollständig ersetzen. Und auch wenn ich kein Fan der Semantik von JavaScript bin, am Ende zählt nur, dass wir endlich eine allgemeingültige Verkehrssprache bekommen und nicht ständig zwischen den Skriptsprachen wechseln müssen.
Abonnements
Spätestens nach dem Erfolg von Netflix, Amazon Prime, Spotify oder Deezer sind Abonnements im Internet wieder salonfähig geworden. Mehr und mehr Menschen sind bereit, für gute Angebote regelmäßig zu zahlen, statt sie aus Tauschbörsen kostenlos zu beziehen. Auch Paywalls in Onlinemagazinen sind 2017 vermehrt dazukommen. Doch der Abo-Trend beschränkt nicht nur auf digitale Inhalte. Abonnements gelten in vielen Branchen als sichere, regelmäßige Einnahmequelle. Daher wird sich der Trend auch in kommenden Jahren fortsetzen.
Alltags-Technologien
Blockchain
Die Blockchain-Technologie ist derzeit in aller Munde. Die Gründe hierfür dürften mittlerweile bekannt sein: Der Erfolg von Bitcoin und anderen Kryptowährungen hat den Blockchain-Begriff beflügelt. Allerdings meint mittlerweile jedes Unternehmen, es bräuchte jetzt auch Blockchain und kündigt wöchentlich die Einführung der gehypten Technologie an. Dabei ist Blockchain in den meisten Anwendungsfällen vollkommen überflüssig oder sogar kontraproduktiv. 2018 wird es mit dem Höhenflug der Blockchain jedenfalls noch weitergehen. Erst wenn der Hype abgeflacht ist und auch weniger fachkundige Manager begriffen haben, für welche Zwecke Blockchain tatsächlich geeignet ist, wird sich die Technologie wirklich etablieren. Bis dahin erleben wir wohl noch einige »Fehlgeburten« unter der Blockchain-Flagge.
Bitcoin und Co.
Apropos Blockchain: Was wird eigentlich aus Bitcoin, Ethereum und Co., die uns nichts weniger als den Umsturz des Finanzsektors, wie wir ihn kennen, versprochen haben? Nun, der Umsturz wird wohl noch ein paar Jahre auf sich warten lassen, aber zumindest könnte man schon vom Beginn einer Revolution sprechen. Die Goldgräberstimmung unter den sogenannten Kryptowährungen hat 2017 für jede Menge Aufsehen gesorgt. Banken, staatliche Institutionen und andere Finanzdienstleister sind aufmerksam geworden und beginnen sich gegen den drohenden Verlust von Einfluss zur Wehr zu setzen. Dass Kryptowährungen in Zukunft eine zentrale Rolle bei weltweit gültigen Geldtransaktionen spielen werden, scheinen auch sie langsam zu begreifen. Die Frage ist nur, welche Währung(en) sich letztendlich durchsetzen wird und ob Banken und Staaten weiterhin ihre Finger im Spiel um unser Geld haben werden. Fakt ist: Wie jede Revolution wird auch diese bittere Verluste auf beiden Seiten zur Folge haben. Am Ende entscheiden aber wir – die Endanwender – welche Währung(en) gewinnt. Ich hoffe nur, wir lassen uns nicht von den falschen Versprechungen blenden.
Mobilität
Nach der Vorstellung des ersten iPhones durch Steve Jobs im Jahre 2007 hat sich die Art und Weise, wie wir mit Technologie umgehen, grundlegend verändert. Mittlerweile kommt jeder von überall und jederzeit an alle Informationen, die das Internet zu bieten hat. Es wäre also durchaus angebracht, hier vom „The Last Big Thing“ zu sprechen. In der Autoindustrie tut sich derweil etwas, das definitiv das Potenzial hat, „The Next Big Thing“ zu werden: Das autonome Fahren. Es ist genau die Technologie, die die Art und Weise verändert wird, wie wir uns zukünftig fortbewegen. Nämlich nicht mehr, indem wir das Auto fahren, sondern indem das Auto uns fährt – ganz ohne unser Zutun. Immer weniger junge Menschen möchten selbst fahren, das zeigt unter anderem der Trend beim ÖPNV und die geringere Nachfrage am Fahrunterricht. Auch älteren Menschen werden vom autonomen Auto profitieren. Sie können endlich wieder überall hin, ohne sich mit dem komplizierten Busfahrplan oder Ticketkauf beschäftigen zu müssen. Bequem, komfortabel und flexibel – so wird die Mobilität der Zukunft aussehen.
Sprachassistenten
Amazon hat 2017 mit einer großausgelegten Werbeaktion zu Amazon Echo dafür gesorgt, dass sich Sprachassistenten in immer mehr Haushalten wiederfinden. Dabei gab es mit Apples Siri, Google Assistant und Mircosofts Cortana bereits viel früher leistungsstarke Sprachassistenten, die aber kaum genutzt wurden. Dennoch setzen die Big Player aus dem Silicon Valley weiter auf ihre Sprachassistenten und entwickeln sie stetig weiter. Das ist auch dringend nötig, denn erst wenn die sprechenden Computer menschenähnlicheres Verhalten zeigen, werden sie von echten Menschen akzeptiert und genutzt. Auch die Unterstützung von entsprechenden Geräten (Stichwort IoT) muss sich noch verbessern. Erst wenn das gegeben ist und uns die Assistenten wirklich nützlich sind, steht dem Erfolg der sprechenden Helfer nichts mehr im Weg.
Netzneutralität
Mit Bedauern musste ich in diesem Jahr den schleichenden Abbau der Netzneutralität beobachten. Und ich spreche hier nicht von den fernen USA, sondern ganz konkret von Deutschland. Vodafone und Telekom haben mit Vodafone Pass und StreamOn bereits den Anfang vom Ende der Netzneutralität eingeläutet. Ganz heimlich werden unsere Mobilfunk- und Internetprovider weitere Produkte einführen, die uns auf ein Zwei-Klassen-Internet vorbereiten. Der aktuelle Aufschrei der Befürworter der Netzneutralität ist zu leise, als dass er etwas an der fatalen Entwicklung verändern würde.
Augmented & Virtual Reality
Als 2016 Oculus Rift, HTC Vive und PS VR erschienen, war der Hype um die virtuelle Realität groß. Microsofts HoloLens und Pokémon Go befeuerten zur gleichen Zeit AR und Mixed Reality. Google Glass, das in eine ähnliche Richtung wie Microsofts HoloLens ging, wurde gar ganz eingestellt. 2017 ist es um die beiden Technologien ruhig geworden: Kaum neue Ankündigungen, die Medien berichten weniger. Auch für 2018 ist keine Veröffentlichung neuer Versionen der VR/AR-Brillen angekündigt. War es das also schon mit der schönen neuen Realität? Das denke ich nicht! Die Technologie ist nach wie vor mega spannend und steckt noch immer in den Kinderschuhen. Sowohl auf Hardware- als auch auf Software-Seite muss sich noch einiges tun, damit VR und AR in unserem Alltag ankommt. Das dürfte allerdings noch ein paar Jahre dauern.
Noch mehr Buzzwords
Der Artikel hätte durchaus noch länger werden können. Technologien wie IoT, Machine Learning, Deep Learning, Big Data, Streaming und SaaS hätten einen eigenen Abschnitt verdient gehabt. Na ja, vielleicht im nächsten Jahr.